testcard #18: Regress

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testcard #18: Regress


»testcard« reagiert auf den reaktionären Wandel unserer Gesellschaft – polemisch, analytisch, kämpferisch, aber nicht resigniert.

1968 ist dieses Jahr in aller Munde. Aber wie steht es mit unserer gegenwärtigen Gesellschaft? Nahezu alle im Zuge von 1968 erkämpften Errungenschaften werden derzeit wieder schrittweise abgeschafft. »testcard« #18 wirft einen kritischen Blick auf den reaktionären Backlash, den die westlichen Gesellschaften in den letzten Jahren erfahren haben. Dies betrifft die Renaissance von Religionen aller Art, spirituelle und irrationale Lebensmodelle, die erstarkte Bedeutung der Kleinfamilie und von traditionellen Geschlechterrollen, Neoromantik und Eskapismus in der Kunst und Musik und den Abbau von Bürgerrechten.

Die neue Stimme der Reaktion kommt jedoch nicht einfach nur »von oben«. Phänomene wie flächendeckende Kameraüberwachung werden von einem Großteil der Bürger begrüßt oder sogar ausdrücklich gefordert. Filme wie »Keinohrhasen« oder Bücher über spirituelle Erlebnisse auf dem Jakobsweg feiern deshalb so große Erfolge, weil sie den regressiven Nerv der Zeit treffen. Doch wie konnte es zu einem solchen Mentalitätswandel kommen? Warum gehen Prekariat und zunehmende Entrechtung nicht mit Protesten einher, sondern mit der Flucht in Denk- und Lebensmodelle, die den Anschein erwecken, es habe das Projekt Aufklärung nie gegeben?

»testcard« #18 vermeidet einseitige Schuldzuweisungen und versammelt erstmals in einer Anthologie kritische Analysen zu einem Rückschritt, der alle gesellschaftliche Bereiche erfasst hat.


Inhaltsverzeichnis

Dietmar Dath:
Das große Abschaffen

Anne Roth:
Dringend tatverdächtig. Die Verhaftung des Soziologen Andrej Holm

Ron Steinke:
Genug gekuschelt. In der Debatte um »Erziehung« werden andere Saiten aufgezogen

Enno Stahl:
This is the end of the world as we know it. And I feel bad ... Der Faktor Arbeit – stirbt aus ...

Thomas Waitz:
Der große Gesundheits-Check. Die Dicken, die Armen und das Fernsehen

Jens Thomas:
Machs Dir selbst. Do it yourself. Über den Wandel eines Begriffs

Johannes Ullmaier:
Basiswissen Regression

Nicolas Dierks:
Mitwohnzentrale für Weltbilder

Sascha Seiler:
Believing the Western Canon. Kanonbildung in der Popmusik

Wolfgang Seidel:
Zukunftsmusik. Wie das Zukunftsversprechen des Pop vom Rückschritt abgelöst wurde

Didi Neidhart:
Kein Pop ist auch keine Lösung

Klaus Walter:
New Musical Apartheid

Matthias Rauch:
Die Notwendigkeit der Subversion. Die Analyse des global Populären in den Cultural Studies

Martin Büsser:
Zu zart für diese Welt. Woher kommt der Hass auf Emos?

Chris Wilpert
Gustav. »Wie fühlst du dich als Mann auf der Bühne?«

Holger Adam:
Der Ruf der Sirenen. Zur (regressiven) Rezeption der »Folk-Elfe«

Ellen Wesemüller
Das IKEA aller Festivals? Feminismus und Subversion in der Ladyfestbewegung

Jörg Nowak:
»Feminismus der Besserverdienenden und Familie fürs Volk«

Torsten Nagel:
Her mit der schönen (Sozio)Kultur?

Gabriel Kuhn:
»Rewilding« or »Regressing«? Zum US-amerikanischen (Anarcho-)Primitivismus

Dieter Bott:
Der Fan als idealer Staatsbürger

Stephan Loichinger:
Partnervermittlerin Claudia Püschel-Knies

Jan Gerstner:
Ein unverzichtbares Land. Der deutsche Familienroman und die Nation

Atlanta Athens:
Sich Raum nehmen, solange die anderen lächeln?

Andreas Rauscher:
Indiestream. Der amerikanische Independent-Film zwischen Nische und Backlash

Kimiko Leibnitz:
Der reaktionäre Kern von I Am Legend

Christian Hißnauer:
Von der Entmythologisie-rung zum neuen Mythos. Die Entpolitisierung der RAF im medialen Diskurs

Martin Büsser:
Im Beichtstuhl des Grauens. Der Filmemacher Wenzel Storch

Benedikt Frank:
Ausgetauschte Tonspur. Das heute ungenutzte Potenzial der filmischen Montage und Zweckentfremdung

Ivo Ritzer:
Nicht versöhnt. Der Regisseur John Milius – ein progressiver Reaktionär?

Frank Apunkt Schneider:
Warum früher nicht alles besser gewesen sein darf. Zur Krise des poptheoretischen Gegenwarts-Dogmas

Franziska Meifert:
Störenfriede – Strategien gegen die Regression. Eine Bücherschau

Ewgeniy Kasakow:
Jegor Letow (1964–2008). Nachruf auf eine umstrittene Schlüsselfigur des russischen Undergrounds


Rezensionen Tonträger

» « [sic] GOLDIE: White Peristaltic Interrogations [sic]
A CERTAIN FRANK: Nowhere
ABJECTOR [sic]: Devocalised Fluchtverdächtiger / Blocksperre Refluxur [sic]
ALEXANDER VON SCHLIPPENBACH: Piano Solo ’77
ALLROH: Nym
ANDREA POLLI: Sonic Antarcica
ANDREAS AMMER / SAAM SCHLAMMINGER: Sehe Dich, Istanbul, meine Augen geschlossen.
ANDREW PHILLIP TIPTON: The Champion Of Love
BILLY BAO: Dialectics of Shit, Fuck Separation, Accumulation
BONNIE »PRINCE« BILLY: Lie Down In The Light
BUL BUL: #6
BY-PRODUCTS OF AMERICA: Maybe Use My Knife
CECIL TAYLOR / WILLIAM PARKER / MASASHI HARADA: The Dance Project
CHING CHONG SONG: Little Naked Gay Adventure
COCONAMI: Same
COMING SOON: New Grids
CONTROLLED BLEEDING: Songs From A Sewer Of Dreams
CRAZY FOR JANE: Watermelon Cloud
CULTURAL AMNESIA: Press My Hungry Button
DAN FISHBACK: Calendar Boys
DANIEL PADDEN: Pause For The Jet
DAVE END: Fruits Commonly Mistaken For Vegetables
DEAD RAVEN CHOIR: My Firstborn Will Surely Be Blind
DIE RESONANZ: Edelbrand
DIRTY DISHES: Tea’s Not Our Cup Of Coffee
ELSA JUSTEL: Mats
ENDERS ROOM: Random Guru
ERUPTION: Live Action, 1972 Wuppertal
ESPAGNE: Musique de Castilla y León
FELIX KUBIN UND DAS MINERALORCHESTER: Music For Theatre and Radio Play
FELIX KUBIN: Axolotl Lullabies
FERDINAND KRIWET: Hörtexte
FRED FRITH / JOHN ZORN: Art Of Memory II
FRED FRITH: Technology Of Tears
FUCK BUTTONS: Street Horrrsing
GUSTAV: Verlass die Stadt
HARLEY GABER: The Winds Rise In The North
HEVOSET: Same
HILD SOFIE TAFJORD: Kama
INDE DU NORD: Kushal Das – Sitar
INDE DU SUD: Aruna Sairam: Padam, le chant de Tanjore
JAKOB ULLMANN: voice, books and FIRE 3
JAPANTHER / THE GOOD GOOD: Split
JOANNE ROBERTSON: The Lighter
JOHANNA BILLING: This Is How We Walk On The Moon
JOLLY GOODS: Her.Barium
JULITH KRISHUN: Same
KLUSTER: Admira, Vulcano
LEMUR: IIII II
LJUDBILDEN & PILOTEN: One Hundred Fifty-Five
M. LAMAR: Dirty Dirty Nigga / White Pussy / The Conquest EP
MAJA S. K. RATKJE: River Mouth Echoes
MARTIN BAUMGARTNER: Shoot’s Huft
MATHIEU SALADIN: Stock Exchange Piece
MAX MÜLLER: Die Nostalgie ist auch nicht mehr das, was sie früher einmal war
MOVE D: Tonspuren 1–10
MY SUMMER AS A SALVATION SOLDIER: Activism
NADJA: Radiance Of Shadow
NEIGUNGSGRUPPE SEX, GEWALT & GUTE LAUNE: Goodnight Vienna
NOLE PLASTIQUE: Escaperhead
OFFICE-R(6): Recording the Grain
OFFICERFISHDUMPLINGS: Officerfishdumplings Finds Your Way Home
OSSO EXOTICO & Z’EV: Same
OUR BROTHER THE NATIVE: Make Amends, For We Are Merely Vessels
PANTALEIMON: Mercy Oceans
PHANTOM ORCHARD: Orra
PIA BURNETTE & FELIX KUBIN: Detached From All Objects
PLEASED TO MEET U: Same
REHAB: Man Under Train Situation
RICHARD FRANCIS: Together Alone, Together Apart
RICHARD LEO JOHNSON & GREGG BENDIAN: Who Knew Charlie Shoe?
RICHARD PINHAS & MERZBOW: Keio Line
S.P.K.: Dokument IIIO. 1979–1983
SAVVAS YSATIS + TAYLOR ­DEUPREE: The Sleeping Morning
SCHNUFFEL – DAS TOTAL SÜSSE EICHHÖRNCHEN: Leben auf der Überholspur
SEVERED HEADS: Adenoids 1977–1985
SHOKEI / KIDS EXPLODE: Split
SISSIKONTEST: Boys On Tranquilizers
SPECTRUM LM: Same
SPIRITUALIZED: Songs in A & E.
STEFAN ROIGK: Up.Rising
SUN RA: Media Dreams, Sleeping Beauty, On Jupiter
SUSIE ASADO: Hello Antenna
TAUNUS: Harriett
THANK YOU: Terrible Two
THE REMOTE VIEWERS: Control Room
THE CHILD READERS: Music Heard Far Off
THE DRAGON RAPIDE: II
THE MAGIC I.D.: Till My Breath Gives Out
THE PAPER HATS: Deseret Canyon
THE WOLVERTON BROTHERS: Same
TIMES NEW VIKING: Rip It Off
TRIO VOPÁ: Fauxpas
TUMIDO: The Orgy
UTON: Straight Edge XXS
VALET: Naked Acid
VEDA HILLE: This Riot Life
VERSCHIEDENE: Auto Glamour Sound
VERSCHIEDENE: Die Burg Waldeck Festivals 1964–1969
VERSCHIEDENE: Give Me Love. Songs Of The Brokenhearted – Baghdad, 1925 –1929
VERSCHIEDENE: Piano music without limits. ­Original Compositions of the 1920s
VERSCHIEDENE: Sieben mal solo
VERSCHIEDENE: The Risk Of Burns Exist. 10 Years Of Rhiz
VOLCANO THE BEAR: Amidst The Noise And Twigs
WLADIMIR VOGEL: Klavierwerk
WOLF VAN DEN END: This Is Stills From Travelling Light
WOLFMANGLER: Dwelling In A Dead Raven For The Glory Of Crucified Wolves
XIU XIU: Women As Lovers
YELLOW SWANS: Deterioration
ZEITKRATZER / CARSTEN NICOLAI: Electronics
ZEITKRATZER / KEIJI HAINO: Electronics
ZEITKRATZER / TERRE THAEMLITZ: Electronics
ZERFU DEMISSIE: Akotet


Rezensionen Papier

ADRIAN TOMINE: Halbe Wahrheiten
ALAN MOORE / MELINDA GEBBIE: Lost Girls
ANDREA DIEFENBACH: AIDS in Odessa
ANDREAS BAUR / VILLA MERKEL (Hg.): 5000 Jahre Moderne Kunst – Painting, Smoking, Eating
ANDREAS GEBESMAIR: Die Fabrikation globaler Vielfalt. Struktur und Logik der transnationalen Popmusikindustrie.
ANDREAS JAHN-SUDMANN / RALF STOCKMANN (Hg.): Computer Games as a Sociocultural Phenomenon. Games Without Frontiers, War Without Tears.
BENJAMIN MOLDENHAUER / CHRISTOPH SPEHR / JÖRG WINDSZUS (Hg.): On Rules and Monsters. Essays zu Horror, Film und Gesellschaft.
BORA COSIC: Die Vogelklasse. Prosa
CATHERINE OPIE: American Photographer
CLAUDIA BARTH: Über alles in der Welt – Esoterik und Leitkultur. Eine Einführung in die Kritik irrationaler Welterklärungen
CYRIL PEDROSA: Drei Schatten
DAMIEN DEROUBAIX: World Downfall
DETLEF HARTMANN / GERALD GEPPERT: Cluster. Die neue Etappe des Kapitalismus.
DETLEV MAHNERT / HARRY STÜRMER: Zappa, Zoff und Zwischentöne. Die Internationalen Essener Songtage 1968
DIETER LESAGE: A Portrait of the Artist as a DJ. Notes on Ina Wudtke.
DOLORES DENARO / CENTREPASQUART BIEL (Hg.): Surréalités
EDO POPOVI?: Kalda. Roman
EFFI BÖHLKE / RAINER RILLING (Hg.): Bourdieu und die Linke. Politik – Ökonomie – Kultur
ELMGREEN & DRAGSET: This Is The First Day Of My Life
FRANTZ FANON: Die Verdammten dieser Erde (Buch & DVD)
GAYATRI CHAKRAVORTY SPIVAK: »Can the Subaltern Speak?« Postkolonialität und subalterne Artikulation.
GUY DELISLE: Pjöngjang
GYÖRGY DRAGOMÁN: Der weiße König. Roman
HENDRIK DORGATHEN: Slow
HOLLOW SKAI: Punk. Versuch der künstlerischen Realisierung einer neuen Lebenshaltung.
IAN PEDDIE (Hg.): The Resisting Muse: Popular Music and Social Protest.
JACQUES LACAN: Die Übertragung. Das Seminar, Buch VIII 1960–1961
JEAN BAUDRILLARD: Warum ist nicht alles schon verschwunden?
JENS HARDER: MIKROmakro
JENS KASTNER / DAVID MAYER (Hg.): Weltwende 1968? Ein Jahr aus globalgeschichtlicher Perspektive
JOANNE GREENBAUM: Painting
JOE MATT: Peepshow
JOHN FAHEY: Orange
JÖRG BUTTGEREIT (Hg.): Nekromantik
JOSEF SCHNELLE / RÜDIGER SUCHSLAND: Zeichen und Wunder – Das Kino von Zhang Yimou und Wong Kar-Wai
JUDITH BUTLER / GAYATRI CHAKRAVORTY SPIVAK: Sprache, Politik, Zugehörigkeit
KATJA HETTICH: Die melancholische Komödie. Hollywood außerhalb des Mainstreams.
KUNSTHALLE WIEN (Hg.): Punk. No One Is Innocent: Kunst Stil Revolte.
KUNSTHAUS DRESDEN (Hg.): Kopfkino
LARS FISKE / STEFFEN KVERNELAND: Olaf G.
LEWIS TRONDHEIM: Außer Dienst
LUIS CAMNITZER: Conceptualism in Latin American Art: Didactics of Liberation.
MARK DION: Concerning Hunting
MATTHEW BANNISTER: White Boys, White Noise: Masculinities and 1980s Indie Guitar Rock.
MAX: Bardin der Superrealist
MICHAEL LOMMEL / ISABEL MAURER QUEIPO / VOLKER ROLOFF (Hg.): Surrealismus und Film. Von Fellini bis Lynch.
MICHELANGELO SETOLA: Bar Miki
MOSHE ZUCKERMANN: Zeit der Lemminge. Aphorismen
MUSEUM KURHAUS KLEVE / MUSEUM WIESBADEN (Hg.): Robert Indiana. Der amerikanische Maler der Zeichen.
MUSEUM WIESBADEN (Hg.): Robert Indiana.
ORANG COMIC MAGAZIN # 7: The End of the World
PAUL GERHARD (Hg.): Das Jahrhundert der Bilder. 1949 bis heute.
PETER VAN DONGEN: Rampokan – Java/Celebes
ROSSANA ROSSANDA: Die Tochter des 20. Jahrhunderts
RUTU MODAN: Blutspuren
SEAN REDMOND / SU HOLMES (Hg.): Stardom and Celebrity. A Reader.
SPRING # 5: Alter Ego
STEFAN GRISSEMANN: Sündenfall. Die Grenzüberschreitungen des ­Filmemachers Ulrich Seidl
SU HOLMES / SEAN REDMOND (Hg.): Framing Celebrity. New Directions in Celebrity­Culture.
THE METROPOLITAN MUSEUM OF ART (Hg.): Gustave Courbet
THOMAS CHRISTEN / ROBERT BLANCHET (Hg.): Einführung in die Filmgeschichte. New Hollywood bis Dogma 95.
TORBEN FISCHER / MATTHIAS N. LORENZ (Hg.): Lexikon der »Vergangenheitsbewältigung« in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945
WJATSCHESLAW KUPRIJANOW: Im Geheimzentrum. Erzählungen


Rezensionen Filme

BLISSFULLY YOURS – Ein Film von Apichatpong Weerasethankul
BORDERLINE – Ein Film von Kenneth Macpherson
BRINKMANNS ZORN – Ein Film von Harald Bergmann
DEALER – Ein Film von Benedek Fliegauf
DER TRAUM – Ein Film von Niels Arden Oplev
DIE FALLE (KLOPKA) – Ein Film von Srdan Golubovic
EX DRUMMER – Ein Film von Koen Mortier
HOP – Ein Film von Dominique Standaert
IMPORT – EXPORT , TIERISCHE LIEBE – Zwei Filme von Ulrich Seidl
OLD JOY – Ein Film von Kelly Reichardt
OPFER – Ein Film von Andrej Tarkowskij
POISON – Ein Film von Todd Haynes
QUAY BROTHERS – DIE KURZFILME 1979–2003
WARUM ISRAEL – Ein Film von Claude Lanzmann
WILD TIGERS I HAVE KNOWN – Ein Film von Cam Archer


Leseprobe

Editorial

testcard ist einmal angetreten, um über Musik und künstlerische Positionen zu berichten, die in anderen Publikationen kaum oder gar nicht beachtet werden. Gleichzeitig hat jede Ausgabe einen thematischen Schwerpunkt, der an aktuelle Debatten und Diskussionen anknüpft. Sowohl in der letzten Ausgabe, der »Sex«-testcard, wie auch in der vorliegenden Nummer kommen Artikel über musikalische Alternativen – abgesehen vom Rezensionsteil – etwas zu kurz. Allen Leserinnen und Lesern, die Artikel, Diskografien und Informationen über Musik jenseits des Mainstreams und auch jenseits des gängigen Indie-Substreams vermissen, können wir eigentlich nur mit Blick nach vorne versprechen, dass dies in den kommenden Nummern wieder verstärkt Thema sein wird. Als Buchreihe, die aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reflektiert, kommt testcard jedoch nicht umhin, auf jenes Phänomen zu reagieren, das wir mit unter dem Schlagwort »Regress« zusammengefasst haben. Vorliegende testcard-Ausgabe behandelt den zunehmenden reaktionären Backlash, den unsere Gesellschaft seit einigen Jahren in allen Lebensbereichen erfahren hat. Da bleibt leider nur wenig Platz für all die erfreulichen Ausnahmen, die es natürlich auch noch gibt.

Das eine bedingt dabei das andere: In dem Maße, in dem unsere Gesellschaft derzeit eine Renaissance von Werten wie Religion, Kleinfamilie, Nation und Disziplin erlebt, wird auch jegliche Kultur jenseits von Keinohrhasen, Udo Lindenberg oder ICH + ICH an die Ränder der publizistischen Nichtbeachtung verdrängt. Bevor sich die testcard-Redaktion also wieder den Dingen widmet, die keinerlei Lobby mehr haben und als wirtschaftlich so unrentabel gelten, dass die Medien sie sich selber überlassen, muss erst einmal darüber nachgedacht werden, wie und warum es so weit hat kommen können. Ein in seiner Selbstherrlichkeit völlig überdrehter, jetzt endlich als Krise manifester Kapitalismus ist sicher nur eine Ursache, die den geistigen und kulturellen Regress bedingt, aber nur ungenügend erklärt. Mit ökonomischen Sachzwängen hat das Abdrängen jeglicher nicht warenförmiger Kultur in die Nischen nämlich nur bedingt zu tun. So hat zum Beispiel der keineswegs finanziell Not leidende Hessische Rundfunk mit Klaus Walters »Der Ball ist rund« 2009 eine der letzten Sendungen im öffentlich rechtlichen Rundfunk abgesetzt, die Musik noch als Kulturform ernst- oder überhaupt nur wahrgenommen hat. Die offizielle Begründung des HR lautet: »HR3 muss sein Programm mehr fokussieren auf die Mitte und den Mainstream und rund um die Uhr durchhörbar sein.« Die hier manifestierte Krise ist mental, Teil eines allgemein bemerkenswert offen eingestandenen Willens zur kulturellen Gleichschaltung sämtlicher Medien auf belangloses Gedümpel. Der kulturelle Soundtrack, der die Krise des Kapitalismus begleitet, besteht alleine noch aus Durchhalteparolen: »Davon geht die Welt nicht unter«, hallt es ideologisch aus allen Radios, Fernsehsendern und Cinemax-Sälen.

Es genügt ein Blick auf die deutsche Sachbuch-Bestsellerliste der letzten Jahre, wo Titel wie Schluss mit lustig und Lob der Disziplin einander ablösen, um festzustellen: Der Blick ist rückwärts gewandt. Die Autoren dieser Bücher sehnen sich nach alten Werten wie Familie, Religion, Autorität. Es sind Werte, die einmal von den neuen sozialen Bewegungen in Frage gestellt wurden und die weder in das Boheme-Konzept bisheriger Avantgarde noch in ein emanzipatorisches Verständnis von Zivilgesellschaft passen wollen. Ein Beispiel: Im September 2008 kletterte die Autobiografie von Bushido auf Platz Eins der Bestsellerliste. In diesem Buch erklärt der erfolgreiche Rapper unter anderem, wie er sich die ideale Frau vorstellt: »Meine Traumfrau müsste auf jeden Fall superhübsch sein. (...) Was den Rest angeht, bin ich nicht anspruchsvoll. Sie sollte kochen können und die Wohnung sauber halten, einfach ihren gewohnten Pflichten nachgehen. (...) Es sollte so sein wie in einem guten Restaurant. Der Kellner ist immer zur Stelle, wenn man ihn braucht, aber er kommt nicht alle fünf Minuten an den Tisch, um nach dem Rechten zu sehen.« (Siehe hierzu auch den Artikel von Martin Büsser »Zu zart für diese Welt«, S. 89 ff.)

Nun gut, könnte man entgegenhalten, das ist nun mal Bushido, die Stimme der sogenannten Unterschicht. Alles etwas einfach gestrickt. Doch der Ruf nach Geschlechterrollen und Tugenden, die uns mindestens bis in die 1950er-Jahre zurückwerfen, ist nicht an Schicht und Bildung gebunden. Andere formulieren das, was Bushido offen ausspricht, nur etwas distinguierter. Bernhard Bueb, Autor des Bestsellers Lob der Disziplin und ehemaliger Leiter der Eliteschule Schloss Salem, könnte sicher vieles unterschreiben, was Bushido über seinen Werdegang als Künstler schreibt: Es geht um Selbstdisziplinierung und den bedingungslosen Willen nach Erfolg. Für Avantgarde und Störgeräusche jeglicher Art ist in solchen Lebensentwürfen kein Platz mehr.

Die Liste dessen, was unter dem Schlagwort »Regress« verhandelt werden könnte, ist so lang, dass eine testcard-Ausgabe alleine nicht ausreicht, um alles rund um die Studienreform, das Fernsehen als Disziplinierungsanstalt, die Rückkehr zu Malerei, Handwerk und Romantik in der Kunst oder die freiwilligen Offenlegung persönlicher Daten im Internet zu thematisieren. Vieles war angefragt, doch nur ein Bruchteil hat in dieser Ausgabe Platz gefunden. Es lassen sich allemal nur einzelne Themen anreißen, die vielleicht einen Eindruck davon geben, wie massiv und tiefgreifend der mentale Wandel sämtliche Lebensbereiche erfasst hat. Die neue Stimme der Reaktion kommt jedoch nicht einfach nur »von oben«. Phänomene wie flächendeckende Kameraüberwachung werden von einem Großteil der Bürger begrüßt oder sogar ausdrücklich gefordert. Zudem werden die Menschen von niemandem gezwungen, Filme wie den bereits erwähnten Keinohrhasen oder Bücher über spirituelle Erweckungsgefühle auf dem Jakobsweg zu konsumieren, vielmehr treffen diese Phänomene jene neue Mentalität, die den Eindruck aufkommen lässt, es habe das Projekt Aufklärung nie gegeben. testcard bleibt jedoch standhaft, auch auf die Gefahr hin, des Kulturpessimismus’ bezichtigt zu werden. Wie aber müsste jemand gestrickt sein, der sich in diesen Tagen noch ernsthaft als Kulturoptimisten bezeichnet?

Die Redaktion

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